In den Galeries Lafayette

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Oder: Auf der Suche nach einem Glas Flageolets in Berlin.

Sonntag, Erster Advent. Eigentlich hätte ich aufräumen müssen. Glücklicherweise hatten die Galeries Lafayette geöffnet (wie überhaupt so ziemlich jedes größere Geschäft in Berlin). Ich war noch nie dort und beschloss, die Gelegenheit zu ergreifen, brauchte ich doch Flageolets.

Flageolets sind kleine, beigefarbene Bohnenkerne. Wer sie googelt, wird herausfinden, dass die Firma Bonduelle sie in Deutschland vertreibt. Gesehen habe ich sie noch nie. Ich habe Grund zur Annahme, dass man sie vor mir versteckt, denn ich kenne Menschen in Deutschland, die Falgeolets kaufen; allein ich weiß nicht, wo. Jedenfalls war ich bislang, in Mainz, immer ziemlich aus dem Häuschen, wenn’s auf dem Markt oder in irgendeinem Laden welche gab. Unglücklicherweise werden sie, die wirklich nichts weiter sind als kleine weiße Bohnenkerne, hierzulande gerne in Feinkostläden untergebracht, was ihren Preis gegenüber dem in Frankreich üblichen schätzungsweise verfünffacht.

Die Galeries Lafayette in Berlin sind ein zweigeteiltes Universum. Im Erdgeschoss und in allen darüberliegenden Stockwerken werden Parfums, Kosmetika und Mode angeboten, ferner ein bisschen Schmuck. Das ist alles ganz nett, aber nicht wirklich spektakulär; es ist das, was man in einer Hauptstadt erwartet, ein verlässlicher Touristenmagnet.
Wer dagegen ins Kellergeschoss fährt, dürfte nachempfinden können, was Mose dachte, als Jahwe ihm das gepriesene Land verhieß.

Zunächst wird man von Düften begrüßt, die aus den Kellergewölben des gigantischen Kaufhauses emporsteigen: Quiches, der ein oder andere Käse, Muscheln, frisches Brot, Fisch … Der Besucher landet mitten in einem großen, hellen, lebendigen Raum, in dem sich ein paar Theken, Bistros und Geschäfte befinden. Die einzige Schwachstelle, die elitäre Champagner-Lounge, lassen wir rechts liegen. Hier, im Keller, werden die Galeries Lafayette ihrem Namen – und ihrem Ruf – gerecht: Zunächst sprechen viele (leider nicht alle) Verkäufer Französisch. Es gibt eine Käse-, eine Fleisch-, eine Patisserie- und eine Fischtheke, alle reichlich bestückt, sowie eine ansehnliche Vinothek. Letzterer mangelt es ein wenig an Apéritifs, dafür hat sie eine große Auswahl an Rum, Whisk(e)y, Cognac etc., die man in Deutschland nicht ohne weiteres findet. Daneben werden Küchenutensilien (Le Creuset) verlauft. Herzstück des Gewölbes sind die kleinen Theken, an denen ständig wechselnde Spezialitäten angeboten werden. Momentan sind die Austern (2 Stück: 1,50 €) im Angebot. Suppen, Quiches, Salate, aber auch ganze Mahlzeiten gibt es zu angemessenen Preisen. In der angrenzenden Passage ist eine gutsortierte französische Buchhandlung untergebracht; ich habe stichprobenmäßig nach einem Corto-Maltese-Band und dem „Grand Dictionnaire de la Cuisine“ von Dumas gesucht, beide waren vorrätig. Bei Letzterem frage ich mich immer, wer’s eigentlich kauft. Ich habe es mir schon lange vorgenommen, aber …

Wer gerne kocht, wird seine Freude an der Auswahl der ansässigen Epicerie haben. Zwar kommen die Preise einem kleinen Praktikanten nicht eben entgegen; andererseits muss man in Geschäften, die neben Franzosen auch Frankophile bedienen, ohnehin die interessanten von den populären Produkten zu trennen wissen.

Die Flageolets habe ich übrigens gefunden. Nicht eben billig, aber eine köstliche Beilage zur Putenbrust mit Schalotten und Orangen. Die Adventszeit jedenfalls ist gerettet: Bis Weihnachten haben die Galeries jeden Sonntag geöffnet.