Nachdem in den vergangenen Wochen Angriffe auf Polizeibeamte und die Davidwache stattfanden, gab die Polizei Hamburg am Freitag in einer Pressemitteilung bekannt, dass in Teilen Altonas, der Sternschanze und St. Pauli ein Gefahrengebiet eingerichtet werde. Das Instrument „Gefahrengebiet“, auf das die Polizei seit 2005 zurückgreifen kann, um verdachtsunabhängige Kontrollen durchführen zu können und so Gewalt präventiv einschränken zu können, ist in Hamburg nicht neu – in dieser Größe jedoch bisher einmalig.
Das Instrument Gefahrengebiet
Das neue Gefahrengebiet umfasst große Teile Altonas, außerdem die Sternschanze und St. Pauli. Im ausgewiesenen Bereich haben Polizeibeamte das Recht, verdächtige Personen und ihre ‚mitgeführten Sachen‘ auch ohne dringenden Verdacht zu durchsuchen, Platzverweise und Aufenthaltsverbote auszusprechen und Personen in Gewahrsam zu nehmen.
Viele Bewohner der betroffenen Viertel sehen diese Maßnahme als unverhältnismäßig an und Kritik an der Vorgehensweise der Beamten zeigt sich vor allem im Netz. Auch die Bürgerschaftsfraktionen sind hinsichtlich des Gefahrengebietes uneinig. Die SDP verteidigt die Maßnahme der Polizei ausdrücklich, während von den Linken, Grünen und der FDP Kritik geäußert wurde.
Spontane Reaktionen am Wochenende
Als Reaktion wurde gestern zu einem “Spaziergang durch das Gefahrengebiet” in der Schanze aufgerufen. Nachdem die Spontandemonstration schon kurz nach Beginn durch einen Polizeikessel gestoppt wurde, wuchs die Menge laut Medienberichten innerhalb kürzester Zeit auf 600 Personen an, die zuerst in der Gruppe, dann in kleineren Grüppchen durch Altona, Schanze und Reeperbahn zogen. Verdächtige und auffällige Personen wurden in Gewahrsam genommen und mit Hochbahn-Bussen abtransportiert.
Laut einer heutigen Pressemitteilung der Polizei wurden seit Beginn des Gefahrengebiets (Samstag, 4.1.2014, 06 Uhr) insgesamt 263 Personen überprüft. 62 Personen erhielten demnach ein Aufenthaltsverbot, zwei Personen erhielten einen Platzverweis, eine Person wurde in Gewahrsam genommen. Die Polizei stellte nach eigenen Angaben ‚pyrotechnische Gegenstände‘, Schlagwerkzeuge und Vermummungsmaterial sicher. Drei Strafanzeigen wegen „Verdachts des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz“ wurden gestellt.
Was meinen die Bürger?
In einer nicht repräsentativen Umfrage von Spiegel Online haben bis heute, 10 Uhr, fast 5.000 Menschen ihre Meinung zum Gefahrengebiet geäußert. Fast 60 Prozent gaben an, dass die Maßnahme unverhältnismäßig sei, da Gewalt nicht von ganzen Stadtvierteln ausgehe. 36 Prozent hingegen fanden die Maßnahme gerechtfertigt, knapp 5 Prozent enthielten sich mit der Antwort „Mir egal, solange ich in der Schanze gut feiern kann.“
Sondersitzung der Bürgerschaft
Heute um 17 Uhr trifft sich der Innenausschuss der Bürgerschaft, um bei einer Sondersitzung die Demonstration und die anschließenden Auseinandersetzungen vom 21. Dezember, über die wir kürzlich berichtet haben, aufzuarbeiten.
Grenzen des Gefahrengebiets. Quelle: Pressematerial Polizei Hamburg
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